Donnerstag, 22. März 2007

Schrift-Bild / Text Image


Dein Leben sei fröhlich u. heiter
Kein Leiden betrübe dein Herz
Und Glück sei stets dein Begleiter
Nie treffe dich Kummer und Schmerz

Zum bleibenden Andenken

von deiner

Grete


Reutlingen den 22. Aug. 1911


Dies ist ein Eintrag aus dem Poesiealbum meiner Großmutter.

Es hat mich etwas Mühe gekostet, den Text zu "übersetzen".
Und wenn ich das kleine Buch durchblättere, sehe ich meistens Schriftbilder, aber lese keine Worte.
Ich muss mir Zeit nehmen und Wort für Wort entschlüsseln.

Innerhalb von 100 Jahren haben wir nicht nur die Kulturtechnik "Handschrift" verloren, sondern als Folge auch die Fähigkeit Handschriften zu lesen.
Und damit verlieren wir auch die Möglichkeit in handschriftlichen Quellen, z. B. in Briefen und Poesiealben der eigenen Familie zu lesen.

Aus Schrift"bildern" lassen sich nicht nur geografische und historische Zugehörigkeit ablesen, mancher glaubt auch, dass sich darin der Charakter der Schreibenden abbildet.

Ob mit der Ära der Analogen Fotografie auch eine Kulturtechnik verloren geht?

Ist es denkbar, dass im Prozess des Fotografierens, Entwickelns und der Dunkelkammerarbeit mehr persönlicher Ausdruck, mehr individuelle Handschrift möglich war, als es heute die digital "genormte" Abbildungstechnik zulässt?



This is an entry from the poetry album of my grandmother.
It had some problems to “translates” the text. And if I look through the small book, I mostly see typefaces, but can not read words. It takes me time to decode word for word.
Within 100 years we have lost not only the cultural skill to write “handwriting”, but as a consequence also the ability to read handwriting.
And thus we loose the possibility of reading in handwritten sources as letters and poetry albums from our own family.
From writing " pictures " not only geographical and historical affiliation can be read off, some believes, that therein you can find the character of the writer.

Whether with the end of analog photography we l0ose also a cultural skill?
Is it conceivable that in the process of photographing, developing and the darkroom work more personal expression was possible, more individual "handwriting", than todays digitally “standardized” illustration technology will allow us?

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