Dienstag, 31. Juli 2007

A propos… Suchen & Finden

Canon 20D, EF 28-105mm, 3,5-4,5 II USM, 400 ISO, Bl. 8, 1/500sec.
(in der Bildmitte der Stuttgarter Tagblatt-Turm)


Warum heißt der Sucher Sucher?

Warum nicht Einblick, Durchblick, Ausblick?
Oder Guckloch, Visier?

Warum heißt der Sucher auf englisch Finder? Und nicht Searcher, Seeker?
Schauen wir durch den Sucher um zu suchen, durch den Finder um zu finden?

Wo suchen wir, was suchen wir? Und wo finden wir unser Bild?
Warum suchen wir überhaupt? Und wo finden wir, was wir gesucht haben?

Abseits von Jobs in Studio oder “vor Ort” gibt es eine Tätigkeit, die uns, ohne dass wir suchen müssen, finden lässt: das Flanieren.

Ohne die sinnliche Wahrnehmung unserer Umgebung können wir nicht fotografieren.
Unsere Sinne brauchen die Zeit und den Raum.
Zeit und Raum nach unseren Möglichkeiten, nach menschlichen Maßstäben.

Sich treiben lassen in bekannten und unbekannten Gefilden.
Fühlen, riechen, hören, sehen und den Gedanken freien Lauf lassen.
Das geht am Besten beim Schlendern, sich treiben lassen, eben beim Flanieren.

Eindrücke und Gedanken überkreuzen sich, verbinden sich, vermischen sich. Wir sind ein Teil dessen, was uns umgibt.

Und wenn wir nicht mehr fixieren, fokussieren, etwas um seiner Selbst willen suchen, von dem wir nicht einmal wissen, was es überhaupt ist - dann findet uns das Bild von ganz alleine.

Oder auch nicht!

Aber was soll's?
Schön war es trotzdem.

Und morgen ist auch noch ein Tag!

Montag, 30. Juli 2007

Sonntag, 29. Juli 2007

Rotes Kleid / Red Dress

Canon 20D, 28-105mm, 3,5-4,5 II USM, 400 ISO, Bl. 8, 1/500sec.


Christopher Street Day in Stuttgart:
zehntausende an den Straßen waren begeistert, entsetzt, angetörnt, oder freuten sich einfach über buntes, phantasievolles, schrilles Treiben.
Dass noch einige Bilder folgen werden, lässt sich leider nicht vermeiden!-)

Christopher Street Day in Stuttgart:
ten thousands at the roads were enthusiastically, frightened, turned on, or were
simply pleased about multicolored, fantasyful, shrill goings.
I'm afraid that still some pictures will follow
! -)

Samstag, 28. Juli 2007

Im Vorübergehen / En passant / Passing by

The seeing eye is the important thing!

IMOGEN CUNNINGHAM in Dialogue with Photography, Paul Hill & Thomas Cooper, 1979

Freitag, 27. Juli 2007

Normalbrennweite=Universalbrennweite?

Heute habe ich für die Bebilderung eines Flyers Portraitaufnahmen gemacht, und mich dafür entschieden, dafür ausschließlich ein 50mm Objektiv zu benutzen.

Das Ergebnis hat mich bestätigt: die Aufnahmen wirken - auch aufgrund des geringeren Abstands - sehr intim, ohne dass perspektivische Probleme oder Verzeichnungen auftreten.

Über die optischen Qualitäten von Festbrennweiten will ich jetzt nicht spekulieren. Licht, Entwicklung und Bearbeiten der Dateien spielen ja ebenfalls eine große Rolle.

Und zufällig greift CARL WEESE heute in einem Artikel in The Online Photographer wieder ein Thema auf, das bereits vor einiger Zeit durch MIKE JOHNSTON u. a. diskutiert wurde: Die Rückkehr der 50er.

In Carl's Blog finden sich seit einiger Zeit ausschließlich Fotos, die mit einer "Normalbrennweite" fotografiert wurden.
Außerdem sind die Fotos - wie ich finde - ein Beispiel für "straight photography", wie man sie heute nicht mehr oft sieht.

Interessant auch zwei Beispielfotos, die die von Mike beschriebene "Chamelion-Eigenschaften" der Normalbrennweiten illustrieren.

Es ist absolut lohnend, sich einmal mehr mit der in der Zeit der Superzooms "vergessenen Brennweite" auseinanderzusetzen.

Also bitte etwas Lesezeit einplanen!

(Die vielen Links führen interessierte Leser zu weiteren Verzweigungen!)


Update!
Ein Argument gegen Zooms

Schon bemerkt?


Gestern abend wollte ich den Mond fotografieren.
Sie haben ihn durch eine Energiesparlampe ersetzt!

Montag, 23. Juli 2007

Ein Sommernachtstraum in Tübingen

Kleine Fingerübung mit der Canon Ixus 40



Zu euch, ihr Inseln! bringt mich vielleicht, zu euch
Mein Schutzgott einst; doch weicht mir aus treuem Sinn
Auch da mein Neckar nicht mit seinen
Lieblichen Wiesen und Uferweiden.

Friedrich Hölderlin, Der Neckar (letzte Strophe)

"Dr Hölderlin isch ed verruggd gwä!"



Stocherkahnfahren ist etwas ganz besonderes.

Wenn das Boot voll netter Leute ist,
wenn ein genialer Stocherer das Boot sicher lenkt,
wenn die Sonne untergeht,
wenn man isst und trinkt und singt,
wenn man sich zurücklehnt, in den Nachthimmel schaut und sich einfach nur wohlfühlt.

Samstag, 21. Juli 2007

Um beim Thema zu bleiben…

Bald nach der Erfindung der Fotografie gründeten sich zahlreiche Fotografische Gesellschaften in allen Herren Länder.

Und damit beginnt auch eine Diskussion, die nicht nur die nächsten Jahrzehnte dominiert, sondern auch heute, nach dem Aufkommen des Digitalen Zeitalters, wieder an Bedeutung gewonnen hat:

Fotografie - Zweck oder Mittel, das Problem der Manipulation und das Problem von Schärfe (pixel peeper!) und Unschärfe (Fotoimpressionisten!).

Spannend, dass die Vetreter der straight photographie (der reinen Fotografie) wie Ansel Adams, Albert Renger-Patsch, Alfred Stieglitz, Paul Strand, Edward Weston u. a. bereits ihre Vorläufer in der Mitte des 19. Jahrhunderts hatten.

So sagt William John Newton auf einer Sitzung der "Photographic Society of London" (er spricht offensichtlich gegen die frühen Vertreter der straight photographie):

"Dabei halte ich es nicht für wünschenswert, dass der Künstler [Fotograf] die Wiedergabe winzigster Details anstrebt. […] Ich tue das um so entschiedener, als in diesem Raum vor kurzem festgestellt wurde, dass Fotografie immer so bleiben soll, wie sie die Kamera hervorgebracht hat, und dass kein Versuch unternommen werden darf, sie mit dem Mitteln der Kunst zu verbessern. Damit stimme ich ganz und gar nicht überein, […]."


Ca. 20 Jahre später, mitten in einer Epoche der ausufernden Retusche, der künstlichen Hintergründe, der technischen Tricks, der Komposit-Fotografie, schreibt W. Neilson in den "Kunstkritischen Stichworten":
"Die Fotografie muss […] ihren eigenen Gesetzen gehorchen. […] Die Fotografie, die so verschieden von den anderen Darstellungsmitteln (der bildenden Kunst) ist, sollte sich selbst treu sein […].

Er argumentiert dann gegen das Retuschieren und endet mit einem schönen Satz und einer sehr realistischen Erkenntnis:
"Die vom Gefallen leben, müssen gefallen, um zu leben."

Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen?

Und damit wird es Zeit für neue Themen!

Mittwoch, 18. Juli 2007

Canon EOS 40D?

Foto zeigt Canon EOS 30D


Auf der mit heutigem Datum "upgedateten" Seite der CIPA (Camera & Imaging Products Association) PictBridge Certified Model Listing erscheint als letzter Eintrag in der Canon-Liste eine EOS 40D als PictBridge zertifizierte Kamera.

Ein Hinweis auf ein baldiges Erscheinen der Kamera?

Technische Details lassen sich dieser Liste leider nicht entnehmen.

Sonntag, 15. Juli 2007

Ist es Kunst, irgendwie?

Hiroshi Sugimoto: Das Seagram Building von Mies van der Rohe
Silbergelatineabzug, 149 x 120


Ist es Kunst?
Wenn ja, warum?

Ist es der Film?
Ist es das Sujet?
Ist es das Format?
Ist es die Kamera?
Ist es der Fotograf?
Ist es die Unschärfe?

Ja, es ist Kunst - irgendwie!

(Und hier wird es uns erklärt.)

Die K20 Kunststammlung Nordrhein-Westfalen stellt Hiroshi Sugimoto noch bis zum 06.01.2008 aus.

Samstag, 14. Juli 2007

Leider…

habe ich gehört, dass sowohl MIKE JOHNSTON vom The Online Photographer als auch CARL WEESE von Working Pictures erkrankt sind.

Hoffentlich werden beide schnell wieder gesund.

Alles Gute euch beiden!

Freitag, 13. Juli 2007

Im Vorübergehen / En passant / Passing by

Wer fotografiert?

Qui photographie?

Who photographs?


… fragt Kurt Tucholsky (unter seinem Pseudonym Peter Panther) in einem Aufsatz "Neues Licht" von 1930.
Tucholsky beobachtete die Entwicklung der Fotografie in Deutschland und schrieb Kritiken zu den wichtigen Neuerscheinungen der Foto-Literatur.

… demande Kurt Tucholsky (sous son nom d'emprunt Peter Panther) dans un essai « Nouvelle Lumière » de 1930.
Tucholsky a observé le développement de la photographie en Allemagne et a écrit des critiques aux importants nouvelles parutions de la littérature de photo.

… asks Kurt Tucholsky (under his alias Peter Panther) in an essay asks “New Light” from 1930.
Tucholsky observed the development of the photography in Germany and wrote criticisms to the important new publications of the photo literature.

Montag, 9. Juli 2007

Magnum: Mythos und Wirklichkeit

Rencontres d'Arles 2007

Arles ist so heiß: Klimatisierung auf dem Place du Forum



Mythos

Da sitzen sie dann vor uns auf dem Podium: Abbas, David Hurn, Guy Le Querrec, Susam Meiselas, Lise Sarfati, Chris Steele-Perkins… und David Seymour (Chim) und Elliot Erwitt und René Burri!

Da sitzt er versammelt, der Mythos von Magnum.
Und hinter ihnen die Schatten all der anderen, Capa, Bischof

Alle sind sie offensichtlich Individualisten. Und doch hat jeder das Kollektiv gesucht. Warum?

Man sucht den Austausch mit anderen, man sucht den Ansporn, die Herausforderung durch andere, man sucht die Unabhängigkeit (von Verwertungszwängen), man will fotografieren was man für wichtig hält, Verwertung und Verwaltung den Angestellten überlassen.
Das waren wohl ursprünglich auch die Motive der vom Krieg "entlassenen" Gründer in den 40er Jahren.

Die Unabhängigkeit von redaktionellen Zwängen ermöglicht die Entstehung der Bild-Ikonen - uns allen vor Augen - in denen die Geschichte der letzten 60 Jahre eingefangen ist.

Und warum fotografieren?

"Fotografieren ist ein Grund, sich mit der verrückten Welt auseinanderzusetzen."

"Die Kamera ist eine Entschuldigung, Grenzen und Mauern zu überwinden"


Realität


"Vielleicht wird man einmal über Magnum denken, das waren die mit den körnigen Schwarz-Weiß-Fotos."

Wir sind in der Wirklichkeit angekommen!

Magnum will gegen den Markt produzieren. Aber Magnum muss auch verkaufen.

Die Zeit der großen Reportagen ist vorbei?
Zeitschriften und Magazine sollen jetzt das Vehikel sein für Fotobücher.
Kann man damit wirklich Geld verdienen?
Und print-sale!
Tatsächlich? Print-sale als wirtschaftlicher Faktor?

Suche nach neuen Ausdrucksformen.
Magnum in Motion um mit der Flickr-Community in Kontakt zu kommen.

Aber: der letzte Eintrag im Blog stammt vom 31. Mai (!) und zeigt ein Foto von Martin Parr, aufgenommen 1991 für ein Tourismus-Projekt! Ein Verlegenheits-Post?
Damals war die Flickr-Generation im besten Fall noch ein Lächeln auf den Lippen ihrer Mütter!

Warum sind so wenig Frauen bei Magnum?
Dem Podium fällt es sichtlich schwer, sich auf die Frage einzulassen. Allenfalls der Beitrag von Lise Sarfati lässt ahnen, dass das Magnum-Kollektiv auch nur ein Spiegel der gesellschaftlichen Wirklichkeit ist.

Lebt der Mythos nur noch durch den Verkauf aus den Archiven der Vergangenheit?

Der Vorhang zu und alle Fragen offen!




Samstag, 7. Juli 2007

Arles_4

Rencontres d'Arles 2007

Arles kann ganz schön heiß sein!


HP/Magnum Konferenz

Nachdem ich bereits am Vormittag wegen Überfüllung nicht mehr in den Vortrag von Magnum-Fotograf Martin Parr kam, hat es dann am Nachmittag geklappt.
Wegen großem Interesse vom Hotel d'Arlatan in das große Théatre d'Arles verlegt, war die Veranstaltung trotzdem voll.

Martin Parr, unermüdlicher Produzent von Fotobüchern, beschrieb symphatisch und mit Witz seinen Werdegang zum Fotografen.
Vom Gr0ßvater gefördert, von seiner englischen Mittelklasse-Umgebung inspiriert, kam schnell das Interesse am Inszenieren, am Sammeln von kuriosen Themen.

So entstanden, mit hintergründigem Humor fotografiert, Bücher über freie Parkplätze, über das Strandleben, über das Essen, das Wohnen. Die Bildern gesammelt rund um den Erdball.

Kurios auch seine Leidenschaft für Saddam-Hussein-Armbanduhren, von denen er - meint er - die größte Sammlung besitzt.

Bei der anschließenden Diskussion musste ich dem Mann der tausend Projekte natürlich die Frage stellen: “Does every photographer need a project?”

Für Martin Parr keine Frage.
Projekte haben einen Anfang, müssen aber auch ein Ende haben. Sie durchzuhalten erfordert Disziplin. Disziplin ist wichtig, deshalb sind Projekte für uns Fotografen wichtig.

Martin Parr fotografiert digital, ist davon sehr angetan (kein Filmwechsel mehr!), fotografiert aber Projekte, die er mit Film angefangen hat, auch mit Film zu Ende.


Portfolio review - Portfolios werden durch erfahrene Fotografen kommentiert.



La nuit de l'année - Die Nacht des Jahres


Ganz Arles war auf den Beinen, zu heiß zum Schlafen.


Mehr als 30 Agenturen, Magazine, aber auch Fotografenkollektive wie Ostkreuz stellten sich in Hinterhöfen und auf Plätzen mit ihren Arbeiten vor.
(Übrigens, auch eine Anregung, sich mal mit Digitalen Slideshows zu beschäftigen.)

Ein Bildermeer, ein Menschenmeer in der pittoresken Kulisse einer heißen Sommernacht in Arles



Agence Magnum Photos, Mythes et Realites


Die vielversprechende Veranstaltung (mit Abbas, David Hum, Guy Le Querrec, Susan Meiselas, Lise Sarfati, Chris Stelle-Perkins u. a.), findet heute am späten Nachmittag statt. Ich werde sie heute wohl nicht mehr im Blog unterkriegen.
Wenn es interessantes zu berichten gibt, werde ich das von zuhause aus nachschieben.


Arles, das waren 11 Ausstellungen (von 17), tausende Fotos gesehen, ein paar wenige selbst gemacht, Veranstaltungen, Ideen und Anregungen, Licht und Wärme und keine Sekunde Langeweile.

Habe heute morgen auf dem riesigen Grand Marché Provencal meinen Proviant für die Rückreise eingekauft.


Au revoir, Arles!

Freitag, 6. Juli 2007

Arles_3

Rencontres d'Arles 2007

Und immer wieder Stiere!

Donnerstag, ab 22:30 bis nach Mitternacht: großes Projektions-Spektakel im Theatre Antique.

Es werden Preise verliehen, verbunden mit Projektionen der preisgekrönten Fotos.

Herausragend die Projektion von Magnum-Fotograf PAOLO PELLEGRIN

Seine beeindruckenden SW-Fotos aus Kriegs- und Krisengebieten sind ungemein ergreifend.
Oft aus der Distanz, oft nur schemenhaft angedeutet, graben sich Elend und Not von Mit-Menschen in das Herz der Betrachter.


Danach die Projektion des Werkes (ebenfalls SW) von Alberto Garcia-Alix (siehe Arles_1), begleitet durch den argentinischen Musiker und Tango-Sänger Daniel Melingo (!).

Zu viele Fixer, zu viele (Selbst-)Portraits, zu viele Rocker. Erst als gegen Ende seine expliziten Nackt- und Sexfotos zu sehen waren, kam etwas Leben ins Publikum.

Im Hintergrund die Katze, Symbol der Rencontres


Die antiken Steine sind hart, die Nacht wird lang und länger - Gott sei Dank, wir sind immerhin in Südfrankreich.



Ausstellungen

Witzig die Collection Vernaculaire d'Erik Kessels, eine Sammlung von Bildern aus den Archiven der anonymen, aber wahren Helden der Fotografie: der Fotoamateure.

Kessels bringt die Bilder in Zusammenhänge wie:

⁃ Strangers in my photoalbum - Unbekannte Menschen auf Familienfotos.

⁃ In almost every picture - Hund, Kind, Frau, Mann, eben das Liebste über Jahre weg an den unterschiedlichsten Orten fotografiert.

⁃ 119 German uniforms and how they should worn - ja das gibt es wirklich, in lebensgröße, man schaut und staunt.


Und, auch Scheiße hält still, wenn sie fotografiert wird. So schaut man halt angewidert auf eine Fotoserie mit Kloschüsseln - vor dem runterspülen.


Übrigens, man trägt wieder Leica! Dazu ein richtig schön abgeschrabbtes Täschchen aus Canvas oder Leder.
Oder man point and shoot mit den Kleinen auf alles was sich bewegt. Jeder fotografiert jeden.


Als ich Fotos im Hotel du Forum anschaue, fragt mich jemand, ob ich zur Italienischen Party wolle?
Mais oui! Und am Hotel-Pool prima Pasta gegessen!

Nette Leute, die Italiener!


Et demain:

HP/Magnum-Konferenz mit Martin Parr/Magnum
La nuit de l'année: Agenturen, Magazine, Fotografenkollektive stellen sich vor.

Donnerstag, 5. Juli 2007

Arles_2

Rencontres d'Arles 2007

Arles ist nicht nur Fotografie!


Vielleicht der spannendste, auf jeden Fall der größte Ausstellungsort in Arles sind die alten Werkstätten der staatlichen Eisenbahnen.

Ein riesiges Areal mit mehr oder weniger zerfallenen Werkhallen. Ein pittoresker Ort mit monumentalen Ausstellungsräumen.


Und empfangen wird man dort mit ebenso monumentalen Bildern des französischen Fotografen JR.

Er portraitiert Menschen aus den Vorstädten mit einer in der Metro “gefundenen” Kamera mit 28mm Objektiv und verklebt die Fotos im Überformat in den Straßen.

JR Face2Face - Kamera als Waffe


Was dann kommt, ist ein visueller Overkill.

Indien!
Anay Mann inszeniert modernes bürgerliches Familienleben in Indien. Kaum unterscheidbar von dem uns bekannten. Gerademal eine Schale mit Blütenblättern auf dem Boden, oder eine kleine Handbrause direkt am WC fallen auf, bevor der Fotograf selbst mit dem Powerbook in seinem Bett sitzt und uns jede Illusion über ein Indien nimmt, wie wir es uns vorstellen.

Fast unheimlich wird mir bei den SW-Fotos von Paolo Bartholomew, der Bilder aus den 7oer und 80er Jahren ausgegraben hat, den Jahren bevor er Berufsfotograf wurde. Er umkreist noch orientierungslos mit einer Bildsprache, die ich nur zu gut zu kennen glaube, seine eigene Welt.
Schaue ich mir seine Fotos an, sehe ich eine überraschende Überschneidung mit meinen Bildern aus dieser Zeit.
Erstaunlich: so fern und doch so nah.

Natürlich unbeschreiblich vieles mehr!


Magnum!
Spannt einen Bogen “gesehener” Fotos über 60 Jahre auf.
Von Cappa's “Alliierte Landung in der Normandie” bis… auf eine - noch - leere Stelle für das Jahr 2007.

80 Fotografen waren oder sind noch bei Magnum, eine enorme Bildgewalt! Und alles so vertraut! Es gibt keinen Zweifel: der Mythos “Magnum” und hat die Welt der Fotografie entscheidend geprägt.


Kein Wunder, viele drängen sich um den Magnum-Chef Julien Frydmen (Bildmitte) der zum Ausstellungsbesuch kommt.


Ich sage nur: China, China, China?

Und bin doch enttäuscht.
Enttäuscht über perfekte Inszenierungen (wenige mit Witz), über Riesenformate, die keine Nähe zulassen, über fehlende Intimität.
Ich weiß jetzt etwas über eine Foto-Szene in China, aber wenig über das Land selbst. Ist das alles gewesen?

Unwillkürlich fängt man an, die alten Werkhallen, die eigentlich nur Kulisse sein sollen, wahrzunehmen.
Schmucke Eisensäulen, dicke Spinnweben, Schilder, Maschinenteile, vorsintflutliche Elektroinstallationen.

Und findet dort mehr vom vergangenen Leben der französischen Eisenbahnarbeiter, als vom heutigen China auf den monumentalen Bildtafeln aus dem Dashanzi Art District zu sehen ist.


noch eimal: JR Face2Face

Mittwoch, 4. Juli 2007

Arles_1

Rencontres d'Arles 2007


Ausstellungsort Palais de l'Archeveche

Arles ist nicht Paris, Gott sei Dank!
Alles ist fußläufig zu erreichen.

Arles ist schön und etwas anarchisch. Da ändern auch die Touristen nicht viel.

Die Leute sprechen okzitanisch, eine harte, eher spanisch klingende Sprache.

Die Stadt gibt nicht nur den Rahmen für die Rencontres, sie ist ein Teil des Programms, steht selbst im Wettbewerb um die Gunst des Publikums.

Mein Ticket, € 28 für 17 Ausstellungen, hat sich schon nach dem Besuch von zwei Ausstellungen gelohnt.


Der spanische Fotograf Alberto Garcia-Alix zeigt überwiegend großformatige SW-Arbeiten, edel auf Baryt abgezogen.

Gleich gegenüber der indische Magnum-Fotograf Raghu Rai, mit einem Faible für Panoramen, hoch und quer, Inkjekt-Prints.


Garcia-Alix bewegt sich in seinem persönlichen Umfeld, Freunde, Bekannte, sich immer wieder selbst spiegelnd.
Portraits, Situationen, sehr explizite Nacktdarstellungen, Obsessionen. (Mapplethorpe!?)
Einige wenige Riesenbilder, auch auf Baryt, dunkel, menschenlos, mit viel “künstlerischer Unschärfe”.


Alberto Garcia-Alix in der Eglise St. Anne


Er sagt: “Fotografie hat etwas infernalisches. Es gibt kein zurück.”


Ganz anders Rai. Er hat das Auge des Fotoreporters, schwelgt in ungeheuren Farben, dramatischen SW-Fotos, in Szenen von einer archaischen Anmutung, wie man sie vielleicht nur in Indien sehen kann.
Auch in seinen journalistischen Arbeiten - Bhopal-Tragödie, Mutter Theresa, Indira Ghandi - kann er seine Bildsprache durchhalten.
Er liebt extreme Bildwinkel und extreme Formate.

Raghu Rai im Palais de l'Archeveche

Er sagt, ganz Fotojournalist: “Die Arbeit des Fotografen ist es, einen Ausschnitt aus der Welt zu schneiden, so glaubhaft und ehrlich, dass, wenn er diesen Ausschnitt wieder einsetzen würde, alles ohne zu stocken weitergehen würde”.

Alberto Garcia-Alix und Raghu Rai - ein Spannungsbogen in der Fotografie, wie er größer nicht sein könnte.

P.S.: habe leider keine Zeit, die Namen zu verlinken!


Werbung:


für das Cafe
LA CALENDAL gleich beim Theatre Antique.
Dort gibt's WI-FI für umsonst! Und noch Laptops dazu!

Dienstag, 3. Juli 2007

Bin dann mal weg … in Arles


Ich bin schon neugierig auf die Rencontres Internationales de la Photographie in Arles.

Klappt alles, wie ich es mir vorstelle, werde ich in den nächsten Tagen ein paar hoffentlich informative Eindrücke posten.


Montag, 2. Juli 2007

Gefühl und Schärfe*

Foto: Julia Margart Cameron


Die Möglichkeit, mit Hilfe der Fotografie, auch noch kleinste Details sichtbar zu machen, war mit ein Grund, warum es die Fotografie lange Zeit schwer hatte, in den exklusiven Kreis der "Schönen Künste" aufgenommen zu werden.

"Schärfe und Detail verstellen den Blick auf das Wesentliche", so kann man vielleicht das Argument für den Abwehrkampf der bildenden Künstler zusammenfassen.

So teilten sich FotografInnen (z. B. wie Julia Margart Cameron) bald in solche, die die naturwissenschaftliche Herkunft der Fotografie nicht leugnen wollten und in Impressionisten, die die "künstlerische Unschärfe" und damit die Nähe zur Kunst bevorzugten.

Sie legten ein Papier zwischen Negativ und Positiv, bewegten das Kameraobjektiv während der Belichtung vor und zurück, alles nur um "den Blick auf eine breite, generelle Wirkung" nicht durch zuviel Detailtreue zu verstellen.

Ein Fotograf und Kritiker schrieb damals (wir reden von der Mitte des 19. Jahrhunderts):

"Es ist nicht die Aufgabe der Fotografen, unscharfe Flecken zu produzieren. […] aber die Fotografie ist vor allem die Kunst der Scharfzeichnung (definition), und wenn die Kunst von ihrer Funktion abweicht, dann ist sie verloren."

Ist Schärfe nur von relativem Interesse?
Je weniger Fakten, desto stärker der Eindruck?

Ist technische Perfektion Voraussetzung für Fotografie?
Oder hängen Technik und Motiv von einander ab?

Und was sagen die "pixel peeper" des Digitalen Jahrhunderts dazu?


siehe auch:
Das Neue als Remix aus bereits Bekanntem


*Gefühl und Schärfe, Fotos für die TAZ
ist der Titel eines Fotobuches 1982 herausgegeben bei Frölich & Kaufmann von Ernst Volland.
Themen waren Jugendkultur und Soziale Bewegungen. Einen bescheidenen Beitrag durfte auch ich beisteuern.

Spitzfindig im Digitalen Zeitalter


Ansichten und Einsichten von CTEIN, einem wirklich altmodischen Foto-Handwerker.

Er schreibt über erste Erfahrungen mit seiner neu gekauften digitalen Bridgekamera, einer Fuji Finepix S6000 in THE ONLINE PHOTOGRAPHER.