Donnerstag, 29. Oktober 2009

Dr. Photo goes Video - oder: "Mehr her! rufen die Gäste …



… bis der Wirt die Rechnung zeigt."
Dieser Spruch kam mir in den Sinn, nachdem ich meine erste Einführung in die schöne neue DSLR-Videowelt hinter mir hatte.
Ein großer Video-Hype ist ausgebrochen, seit wir mit preisgünstigen Kameras im "Kinoformat" filmen können.

Lassen sich die Kameras tatsächlich so ohne weiteres im Alltag einsetzen? Kann ich als Fotojournalist mit einer Kamera ohne Nachführfokus und mit geringer Tiefenschärfe wirklich so einfach nebenher "Nachrichten-footage" produzieren.

Tatsächlich können wir mit einer der aktuellen Combo-Cams sofort anfangen zu filmen (bitte um Nachsicht für ein Erstlingswerk, bei dem ich alle Fehler gemacht habe, die man nur machen kann) - nur …

  • … schön wäre es einen vernünftigen Sucher/Monitor zu haben (400 bis 900 Euro)
  • ein externes Mikrofon, vom Gehäuse entkoppelt, man hört sonst nur den Wind und die Kamera (200 bis 1000 Euro)
  • ein Kopflicht/Catchlight, verhindert z.B. "tote Augen" beim Interview (300 Euro)
  • die Matbox gegen Streulicht und für die Graufilter (30o bis 800 Euro). Macht Sinn, wir sollten mit langen Verschlußzeiten arbeiten können ohne abblenden zu müssen
  • eine Schärfe, zum scharfstellen während des Filmens (350 bis 700 Euro). Am Objektiv drehen geht nicht
  • dazu macht sich dann ein externer Akku für Licht und Monitor/Sucher nicht schlecht (2 x 200 Euro zzgl. 200 Euro fürs Ladegerät)
  • das ganze montiert auf ein Rig, ab 800 Euro in der Grundausführung für die Stativmontage und bis ca. 2500 Euro, wenn man die Kamera auf die Schulter nehmen will
  • und nach dem Filmen kommt noch die Postproduktion (Rechner ab MacBook Pro o. ä. vorausgesetzt): ca. 1000 Euro für eine vernünftige Software und nicht zu vergessen eine schnelle externe FW-Festplatte für die Video-Daten (durch die vielen Zugriffe bei der Postproduktion wird eine Festplatte sehr beansprucht, deshalb keine Systemplatte benutzen!)

Über ein Video-Stativ und externes Licht will ich gar nicht reden.

In der Werbung und bei der Produktion von Musikvideos haben die Combo-Kameras eingeschlagen wie eine Bombe.
Warum? Weil sich die Produktionskosten durch das sensationell billige Equipment drastisch senken lassen.
Dazu kommt wegen des Sensorformats (entspricht ungefähr super35) eine Bildsprache, wie sie sich mit Videokameras nicht oder nur kompliziert erzeugen lässt.

Im Nachrichten- oder Dokumentationsbereich werden die Stärken aber zu Schwächen.
Und der "günstige" Preis für die Kamera ist am Ende doch nur ein Posten unter vielen auf einer großen Rechnung.

Wenn wir auf youtube oder viemo all die wunderbaren Filme anschauen, gedreht mit einer Kamera, wie wir sie auch in der Fototasche haben, immer dran denken:
… bis der Wirt die Rechnung zeigt."


2 Kommentare:

  1. Eine Nutzungsmöglichkeit der Combo-Kameras findet man seltsamerweise fast nirgendwo erwähnt, dabei ist sie die mit Abstand häufigste: Stockfilmchen für Fotodiscounter wie iStockphoto, Fotolia, usw. Die Billigheimer verschleudern nicht nur zunehmend Fotos von Profis, sondern gerade dort gibt es ein enorm wachsendes Angebot für "Gebrauchs-Videos", die man ideal mit den Combo-Kameras nebenbei drehen kann.
    Viele der dort eingestellten Fotos stammen nämlich aus der Produktion von Werbefotografen, die zur Fingerübung oder in ruhigen Zeiten entsprechende Fotoserien erstellen. Irgendwie müssen die Assis, Lehrlinge und Praktikanten ja auch beschäftigt werden. Und wenn die Models sowieso gerade da sind und/oder der Aufbau steht, kann man nicht nur ein paar Fotos, sondern jetzt eben auch ein Stockfilmchen "drehen". Die Fotos bekommt man ab 14 ct und die Filmchen ab 15,00 Euro. Mit allen Rechten und konzernweiter Lizenz.
    Zur schönen neuen Videowelt für Fotografen gehts (u.a.) da lang:
    http://deutsch.istockphoto.com/video.php

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  2. Ich konnte den Video-Möglichkeiten bis jetzt nicht viel abgewinnen - sind gute Photos schon schwierig genug, können gute Filme mit 2 Dimensionen mehr eigentlich nicht einfacher sein.

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